Welche Herausforderungen sehen Sie derzeit auf dem Markt für Ladestationen in der Schweiz?

Die gegenwärtig mit Abstand grösste Herausforderung im Hinblick auf grosse Ladeinfrastrukturen ist nicht die Errichtung der Ladeinfrastruktur, sondern der darauffolgende Betrieb und die Skalierung dieser Infrastruktur; durch die Betreuung der Immobilienportfolios von Unternehmen wie der Allianz oder Helvetia haben wir hier in den letzten Jahren viel gelernt.

Zahlreiche Parteien – wie Bewirtschafter, Asset Manager, Ladestationslieferanten, Installateure, Abrechnungs- und Supportdienstleister – sind bei Tätigkeiten wie Betrieb und Skalierung involviert. Es braucht klar definierte Prozesse und Schnittstellen sowie eine gute Dokumentation aller Arbeitsschritte, um bei grossen Immobilienportfolios die Übersicht über ausgebaute Parkplätze, Nutzer und Tarife nicht zu verlieren.

Auch unübersichtliche Emobility-Stromtarife sowie der Förderflickenteppich stellen Hürden dar: So verändert sich der Stromtarif in bestimmten Gemeinden zum Beispiel je nach kWh Jahresverbrauch. Da man den kWh Verbrauch zu Beginn des Jahres noch nicht kennt, erschwert dies die Abschätzung der entstehenden Kosten und damit die Festsetzung des Ladetarifs für die Nutzer. Auch dass die Tarife jährlich angepasst werden und deshalb regelmässig neu definiert und kommuniziert werden müssen, darf nicht unterschätzt werden. Bei den Förderungen wiederum sehen wir oft, dass diese gar nicht bekannt sind, sodass die Beantragung der Fördergelder komplett vergessen geht – das ist schade.

Diese und viele weitere Herausforderungen machen es unabdingbar, dass man sich als Immobilieneigentümer einen zuverlässigen Partner mit echter Expertise ins Boot holt, der Betrieb, Tarifierung, Abrechnung, Skalierung und Support der Ladeinfrastrukturen ganzheitlich übernimmt und koordiniert.


Wie wird sich der Schweizer Markt für Ladestationen in den kommenden zwei Jahren entwickeln?

Das Wachstum im AC- sowie DC-Bereich wird weiter zunehmen und Elektromobilität wird im Personenverkehr zur Normalität. In Anbetracht dieser Tatsache werden auch viele neue Ladestations- und Serviceanbieter auftauchen. Um ein passendes, zukunftssicheres Ladesystem auszuwählen und zu betreiben, ist es von grosser Bedeutung, dass man sich wirklich mit dem ganzen Ökosystem Gebäude-Energie-Laden auseinandersetzt und mit grosser Sorgfalt prüft, ob das gewählte Ladesystem wirklich zukunftssicher ist:

Total Cost of Ownership, Schieflastenmanagement auf Hausanschlussebene, Multilevel-Lastmanagement, Phasenumschaltung für effizientes Solarladen, Systemstabilität, Offline-Kommunikation, bidirektionales Laden und verfügbare Schnittstellen sind hier nur eine Auswahl an Parametern, die bei der Auswahl des Ladesystems betrachtet werden sollten. Wir freuen uns, dass Easee hier in allen Bereichen ganz vorne mitspielt.


Was wünschen Sie sich von der Schweizer Elektro-Installations-Branche?

Die Installationsbranche spielt eine Schlüsselrolle in der Transformation zur Elektromobilität und macht einen guten Job – der Beruf wird immer komplexer und vielfältiger. Ich würde mir wünschen, dass Elektro-Projektleiter und Installateure mehr Zeit für die Weiterbildung erhalten. Weiter ist die Steigerung der Berufsattraktivität und die Förderung von jungen Talenten wichtig. Wir brauchen in diesem Bereich künftig viele junge, motivierte Spezialisten.


Bidirektionales Laden, Hype oder Zukunft?

Grundsätzlich ist Bidirektionalität eine grosse Chance – die E-Mobilität kann zukünftig eine wichtige Rolle in der Stromversorgung und -speicherung spielen.

Es gibt jedoch gegenwärtig in zahlreichen Bereichen noch Hürden, regulatorisch wie auch technisch. Wichtig ist auch in der Bidirektionalität erstmal, zwischen AC und DC Laden zu unterscheiden – hier sehen wir immer noch viele Missverständnisse. Um bidirektional AC-laden zu können, müssen erstmal (mehr) Elektroautomodelle mit einem Wechselrichter ausgestattet werden, um den DC Strom in der Batterie wieder in AC Strom umwandeln und zurückspeisen zu können. Auch im Bereich Schnittstellen verschiedener Ladestations- und Autohersteller wird es noch viel Abstimmung brauchen. Dazu kommen zum jetzigen Zeitpunkt immer noch hohe Energieverluste und fehlende regulatorische Grundlagen.

Trotzdem: Die Frage ist nicht mehr, ob bidirektionales Laden kommt, sondern wann. Easee ist hier bereits in Pilotprojekten mit grossen Fahrzeugherstellern involviert.

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