Den Tag als Vorbild nehmen

Human Centric Lighting im Luzerner Kantonsspital

Den Tag als Vorbild nehmen

Human Centric Lighting im Luzerner Kantonsspital

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Dass HCL, Human Centric Lighting, nicht nur ein Modewort ist, sondern in der Praxis zahlreiche Vorteile bietet, zeigt das Beispiel des Luzerner Kantonsspitals.


Ein Beitrag von eTrends
Autor und Fotos: René Senn

An kaum einem anderen Ort ist so viel Technik auf so engem Raum für das Wohl von Menschen installiert wie in einem Spital. Zudem wird in Spitälern ständig etwas umgebaut, erweitert oder modernisiert. So auch im Luzerner Kantonsspital, das mit seinen verschiedenen Gebäuden am Standort Luzern, in denen über 5000 Mitarbeitende Patienten betreuen, schon beinahe eine kleine Stadt ist.

Auf dem Stand der Technik bleiben

Die Verantwortung für den komplexen Betrieb trägt der technische Dienst des Spitals, der für den Unterhalt und die Modernisierung der elektrotechnischen Anlagen zuständig und in die Projektierung von Neubauten involviert ist.

Als im Herbst 2020 im Hochhaus in der allgemeinen Abteilung der 9. Stock sanft saniert wurde, brachte das Team der Elektroinstandhaltung die Idee ein, die Beleuchtung der 26 Zimmer mit Hilfe von KNX- und DALI-Steuerungen sowie LED-Leuchten mit einer HCL-Anwendung auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Da die HCL-Leuchten gleich teuer sind wie Standard-LED-Leuchten, die individuelle Farbsteuerung aber enorme Vorteile bietet, fiel der Entscheid sehr rasch, die Sanierung als Pilotprojekt zu nutzen und Erfahrungen mit HCL zu sammeln.

Einerseits ging es in diesem Projekt darum, bezüglich der eingesetzten Technologien auf dem Stand der Technik zu bleiben, andererseits darum, die Funktionsweise von HCL in der Praxis testen und erleben zu können. «Gerade im Gesundheitsbereich hat HCL grosses Potenzial, um das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten zu fördern. Wir wollten die Sanierung unbedingt nutzen, um herauszufinden, ob die Argumente für HLC, die uns an einer Weiterbildung vermittelt wurden, zutreffen. Schon nach zwei Wochen Betrieb bekräftigten uns die ersten Rückmeldungen in unserem Entscheid, auf HCL zu setzen. Zudem sparen wir damit Energie und haben bereits Anfragen von anderen Abteilungen, die diese Technologie zum Wohl der Patienten ebenfalls einsetzen wollen», erklärt Thomas Bürgi, der stellvertretende Leiter Elektroinstandhaltung. Ein Stationsverantwortlicher, der uns während der Besichtigung begegnet, meint: «Dank dieser Art der Beleuchtung werden wir die Medikation der Patienten anpassen können, und auch ihr Schlafverhalten scheint sich zu verbessern. Das ‘neue Licht’ ist nicht zu vergleichen mit dem bisherigen Fluoreszenzleuchten. Meine Erwartungen an die neue Beleuchtung sind gross, optisch und vom ersten Eindruck her hat sich der Umbau jedenfalls schon gelohnt.»

Human Centric Lighting
Benutzerfreundlich: Drei konventionelle Taster steuern mit Hilfe einer TasterSchnittstelle via KNX die DALI-Leuchten an. Das Nachtlicht ist markiert.

Kleiner Installationsaufwand

Laut Thomas Bürgi war es sehr einfach, die neuen Kabel mit den zusätzlichen zwei Drähten für die DALI-Leuchten nachzuziehen. Die bisherigen 230-V-Schalter wurden durch drei neue, konventionelle Taster pro Zimmer ersetzt, die nun ihre Schaltbefehle mit jeweils zwei KNX-Taster-Schnittstellen an das KNX-Bussystem übermitteln. Daran sind auch die DALI-Gateways angeschlossen. «Dank DALI und KNX gestaltet sich die Elektroinstallation viel einfacher als bisher. Es sind weniger Kabel und Drähte und weniger Klemmstellen nötig. Diese Nachrüstung war ohne grossen Aufwand realisierbar», beantwortet Thomas Bürgi die Frage zu möglichen Problemen bei der Nachrüstung in bestehenden Rohr- und Installationseinheiten. Einzig in der Unterverteilung wurden die entsprechenden DALI-Gateways installiert. Ein DALI-Gateway ist der HCL-Master für das umgebaute Stockwerk, und drei weitere Gateways steuern sämtliche 52 HCL- Leuchten bei den Betten sowie die 26 nicht mit einer Farbsteuerung versehenen Eingangsleuchten direkt bei der Zimmertür.



Technisch raffiniert gelöst

Zusammen mit der KNX-Steuerung bieten die beiden Leuchten beim Bett nun ein Farbspektrum zwischen 2700 und 6500 Kelvin. Am Morgen nach Sonnenaufgang sendet der Farbtemperatur-Master je nach Jahreszeit bis ca. 9 Uhr eine Farbtemperatur von 2700 Kelvin an die untergeordneten DALI-Gateways. Dies entspricht einem warmen Licht. Bis zum Mittag hin verändert er die Farbtemperatur für die Vorschaltgeräte auf rund 5700 Kelvin. Gegen Abend wird die Farbtemperatur wieder kontinuierlich auf 2700 Kelvin zurückgesteuert, so dass die Patienten am Abend in ihrem Zimmer wieder ein warmes, angenehmes, der Abendstimmung angepasstes Licht antreffen.

Human Centric Light (HCL) im Spital Luzern. (Quelle: Youtube-Kanal eTrends Magazin)

Technisch geschieht die Steuerung in fünf vordefinierten Stufen, die in der Applikation des Farbtemperatur-Masters hinterlegt sind. Pro Farbtemperatur sendet er ein KNX-Farbtemperatur-Telegramm auf den Bus. An dessen Wert orientieren sich alle gekoppelten DALI-Gateways, was die einzustellende Farbtemperatur angeht. Dank dieser zentralen Vorgabe ist eine einheitliche Farbtemperatur über das ganze Geschoss gesichert. Zusätzlich steuert der Farbtemperatur-Master mit seinem eigenen DALI-Ausgang auch die Korridor-Beleuchtung. Den Wechsel bei den Leuchten von einer Farbtemperatur zur nächsten regelt das für die Leuchtensteuerung verantwortliche DALI-Gateway. Die sanften Übergänge dauern jeweils rund zehn Minuten. Das ist sehr langsam und vom menschlichen Auge und Gehirn nicht wahrnehmbar.

Luzerner Kantonsspital
Luzerner Kantonsspital

Mit Teamwork zum Ziel

Bei der technischen Realisierung wurde Thomas Bürgi von Stefan Balsiger von Siemens Schweiz AG unterstützt. Stefan Balsiger ist dort im technischen Support tätig und beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der korrekten Umsetzung von HCL-Anwendungen mit KNX-DALI-Gateways. Diese Gateways unterstützen DALI-Device Typ 8 und eignen sich so zur Ansteuerung von Leuchten mit HCL-Anwendungen. «Mein Ziel war es, die Anforderungen des Spitals mit möglichst wenigen Komponenten zu erfüllen und die Intelligenz für die Farbsteuerung möglichst dezentral und einfach zu gestalten. Ein weiteres Ziel war es, die Basisinvestition in die Technik gering zu halten und die Komplexität der Wartung auf ein absolutes Minimum zu reduzieren», erklärt Stefan Balsiger das Konzept, das er mit Thomas Bürgi speziell für diese Anwendung ausgearbeitet hat. Die ersten Erfahrungen und die erwähnten Feedbacks der Nutzer zeigen, dass dieser Pilotversucht der richtige Weg war und ganz bestimmt viele Nachahmerprojekte, nicht nur im Luzerner Kantonsspital, finden wird.

Was ist Human Centric Lighting (HCL)?

Im Laufe eines Tages verändern sich Spektrum, Intensität und Farbtemperatur (in Kelvin) des natürlichen Lichts kontinuierlich. Vitalisiert die Mittagssonne mit ihrem belebenden Blauton, so beruhigt die Abendsonne durch eine angenehm warme, rötliche Färbung. Spezielle Rezeptoren in den Augen steuern den Hormonhaushalt. Kaltes Licht mit hohem Blauanteil fördert die Ausschüttung von Serotonin und Cortisol im menschlichen Körper und dient der Aktivierung. Warmes Licht mit einem hohen Rotanteil fördert die Ausschüttung von Melatonin und führt zu Entspannung und einem erholsamen Schlaf. HCL macht sich dies zunutze. Human Centric Lighting nimmt diese Eigenschaften auf und ahmt sie technisch nach. Es bildet den natürlichen Tageslichtverlauf in seiner spektralen Qualität nach und hält dadurch den menschlichen Hormonhaushalt auch unter Kunstlicht im Gleichgewicht.

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